08.30 war Morgenessenszeit, zusammen mit den zwei anderen Paaren, die hier übernachten, im Speisesaal unseres Antebellumhauses. Südstaaten-Morgenessen mit Früchten, Würsten, eine Art Rösti und ein Küchlein aus eingeweichtem Brot (muss man amerikanisches Brot wirklich noch einweichen!?), Äpfel und Zimt, serviert von einer schwarzen Angestellten. War okay, vor allem die Rösti, für die Würstli war der Hund zuständig, der unter dem Tisch wartete.
Das eine ältere Paar kommt aus Redding, California und sie erzählten die eindrückliche Geschichte, wie sie letztes Jahr ihr Haus bei den Waldbränden im Norden verloren haben, sie auf verstopften Strassen geflüchtet sind, jetzt in einem Miethaus wohnen und nun ein Haus in Kalifornien suchen, das für sie passt.
Um 10.00 war Führung durch das Haus. Der Besitzer, ein etwa 40 jähriger, der etwas müde vom Geldverdienen in Houston war und zurück in seine Geburtsstadt kam, elaborierte etwas über die Geschichte des Hauses, das 1856 als Gesellschaftshaus und nicht als Plantagenhaus, wie er betonte, gebaut wurde. Vor dem Sezessionskrieg arbeiteten hier etwa 70 Haussklaven, was mir etwas viel erschien, aber hier fanden ausserordentlich viele und grosse Partys statt, dass es schnell sehr (sklaven-) arbeitsintensiv wurde.
Ausser Holzboden, Struktur, Stuckatur und 3 Leuchter, sei alles in den 80er Jahren renoviert und mit Gästezimmern ausgebaut worden. Die Möbel habe er dann von Antiquitätenhändlern eingekauft. Sehr interessant, seine Ausführungen und immer mit einem Bezug zum Leben in der Zeit um 1860.
Nach der Führung war Natchez-Besichtigung angesagt. Als erstes besuchten wir “Fork of the Roads” der ehemalige Sklavenhandelsplatz etwas ausserhalb der Stadt. In der Zeit von 1830 bis 1863, nachdem die Regierung den Import von afrikanischen Sklaven verboten hatte und somit der inneramerikanische Handel aufblühte, war das einer der wichtigsten Handelsplätze der USA.
Unvorstellbar, wie es hier zu- und hergegangen sein muss, wenn Familien auseinander gerissen und die Sklaven in den Räumen rund um den Handelsplatz auf ihre “Tauglichkeit” überprüft wurden.
Die Sklaverei hat im Süden der USA vielen Weissen Reichtum gebracht und den USA auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit von den ehemaligen europäischen Kolonialstaaten ermöglicht. Nicht zu vergessen, europäische Handelsgesellschaften, vor allem in England, Frankreich, Spanien, Holland und Portugal haben enorm vom Sklavenhandel mit ihrem “Rundtouren-Konzept” profitiert: Alkohol, Waffen, Arbeitsgeräte von Europa nach Westafrika (Senegal), von dort Sklaven in die Karibik, Brasilien oder USA, und von dort dann Gewürze, Zucker und Baumwolle zurück nach Europa. Hat prima und hochprofitabel funktioniert!
Nach diesem eher dunklen Einstieg, war ein Cappuccino angesagt – wir hatten eine Coffee Bar ausfindig gemacht, aber Pech, die Bar ist wegen Umzug geschlossen. Okay, wir haben also vor der Bar im Schatten parkiert und uns zu Fuss ein paar sehr hübsche Häuser in der Stadt angesehen.
Wir kamen etwas verschwitzt zu unserem Nissan zurück, da fragt uns ein älterer Typ mit grauem Bart und dreckigem T-Shirt, ob wir einen Espresso wollten. Wir waren etwas verwirrt und meinten, nein das wäre schon okay und dann outete er sich als “Noch-Besitzer” der Coffee Bar und er öffnete die Tür für die europäischen Besucher!
I can tell you, dann ging es los. Er hatte die Kaffeemaschine bereits aufgeheizt und servierte uns Cappuccini vom Feinsten! Es stellte sich heraus, dass seine Bar zu den besten Fünf in Mississippi gehört. Danach folgten Geschichten, die das Leben schrieb und mehr als eine Stunde später und zwei weiteren Cappuccini, verliessen wir die Bar wieder.
Nächste Station war der Friedhof von Natchez, ein riesiges Gelände mit Abteilen für katholische, jüdische und reformierte Grabstätten sowie eine Sektion für Kriegsveteranen.
Danach ein Besuch im “William Johnson House“, ein unscheinbares Haus, das Ausschnitte aus den Tagebüchern von William Johnson, einem Sklaven, der mit 11 Jahren in Natchez ein Freedman wurde, eindrücklich präsentiert. Er schlug sich als Coiffeur durch, kam zu Geld und, soweit das Gesetz es zuliess, war er in der Geschäftswelt akzeptiert.
Dann noch zum Dinner in ein “richtiges” Südstaaten-Restaurant, dem Roux 61 mit Portionen für Drei aber hervorragenden Fritten und bestem Salat. Zum Abschluss zum Sonnenuntergang am Mississippi beim “Under the Hill” mit Dampfer und exzellentem Bluesmusiker in der Bar!

Unser Essraum, die mechanische A/C bedient von Sklavenkindern.

Einer der drei (Gas-) Leuchter von ca. 1860 in unserer Unterkunft.

Unscheinbar heute: “Forks of the Roads”, einer der grössten Sklavenhandelsplätze in den USA.

Mahnmal mit Ketten, mit denen die Sklaven zusammengehalten wurden.

Unser Cappuccino Maker im “Steampunk Coffee Roasters”

Schöne Antebellum-Häuser.

Und grosse dazu!

Auch ausgefallene Konstruktionen gibt rs.

Die verschiedenen Abteile auf dem riesigen Natchez Friedhof.

Grabstein mit Freiheitsstatue.

Dampfer an der Anlegestelle “Under the Hill” in Natchez.

Sicht auf den hochwässrigen Mississippi Richtung Nord.

Stimmsvolle Bar,